Obdachlosigkeit für eine 9köpfige Familie vorerst verhindert:

Gewobag setzt Zwangsräumung aus!

Quasi auf den letzten Drücker – so hatte es den Anschein – konnte die für Donnerstag angedrohte Zwangsräumung einer Familie aus der Obstallee, mit sechs Kindern im Alter von 2 bis 18 Jahren, verhindert werden. Die  Protestaktion, des Berliner Bündnis Zwangsräumung verhindern u.a. mit Unterstützer:innen aus der Stadtteilarbeit in der Großwohnsiedlung (s.Foto oben), am Mittwoch 4.5. am Gewobag-Hauptsitz in Moabit, sollte quasi umfunktioniert werden zum “Erfüllen des letzten Schritts” der am Nachmittag verbreiteten Vereinbarung: dem Vorlegen des Zahlungsnachweises in Höhe der offenen Mietschuld, von etwas mehr als einer Monatsmiete, wodurch der Grund für die Räumungsklage erledigt sein sollte.

Aber: im Gespräch mit dem Geschäftsführer der Gewobag Mieterberatungs GmbH musste die kleine Abordnung der 9köpfigen Familie zusammen mit Tom Liebelt von der Stadtteilarbeit des Gemeinwesenvereins Heerstraße Nord erfahren, dass ihr Gegenüber a. keine Kenntnis hat von dem Vorgang und b. auch nichts dazu sagen kann ob die auf morgen, Donnerstag 5. Mai 8.30 Uhr angesetzte Räumung – wie bereits in manchen Medien verkündet – abgesagt bzw. ausgesetzt ist.

So blieb gestern noch knapp 20 Stunden vor dem Räumungstermin eine für die Familie unerträgliche Situation, nicht zu wissen wo sie am nächsten Tag eine Bleibe finden kann und wohin mit all ihren Möbeln, Gerätschaften und Habseligkeiten.

Erst Stunden später, am Mittwochnachmittag, hat die von der Räumung bedrohte Familie bei einem Extratermin, im ansonsten immer noch verschlossenen Quartiersbüro der Gewobag in der Spandauer Altstadt erfahren, dass die Räumung abgesagt und ausgesetzt ist, jedoch nicht zurückgezogen.  Aufgrund einiger ihnen nicht unbedingt wohl gesonnenen Nachbar:innen und so mancher Nachbarschaftsstreitigkeiten, schwebt das Wiederaufgreifen der Räumungsklage wie ein Damoklesschwert über allen neun kleinen wie großen Köpfen der Familie. 

Dem voran gingen diese Woche am Montag und Dienstag, vor allem für Tom Liebelt aber auch für Marcel Eupen, den Mieterberater vom AMV, eine Reihe von Beratungen, Emails, Anfragen, Gesprächen mit Vertreter:innen der Berliner Medien, der drei Koalitionsparteien des Berliner Senats und mit potentiellen Unterstützer:innen, wie dem Bündnis Zwangsräumung verhindern … 

Am Ende mit dem positiven Ergebnis, dass diverse Presseberichte, vor allem auch die Statements von maßgeblichen Politiker:innen der SPD, Bündnis 90/Grüne und die Linke sowie letztendlich dem Senator für Stadtentwicklung Andreas Geisel, das kommunale Wohnungsunternehmen Gewobag soweit beeinflussen konnten, die Familie, nicht wie geplant, vor die Tür zu setzen.

Wir hoffen sehr, dass sowohl die bestehenden Möglichkeiten der Gewobag für Sozialberatung bei Mietschulden und Konflikten künftig auch “aufsuchend” zum Einsatz kommen dürfen und dabei  Austausch und Zusammenarbeit mit den entsprechenden Beratungs- und Begleitungsangeboten sowie der Nachbarschaftlichen Konfliktschlichtung des Gemeinwesenvereins im Stadtteil gesucht und gepflegt werden können.

Mehr Info: 
Das Bündnis Zwangsräumung verhindern
Go-in-bei Gewobag wg. Zwangsräumung 9köpfiger Familie

 

Nachfolgend im Wortlaut Erklärung des  AMV
Alternativen Mieter- und Verbraucherschutzbund …

der mehr als “nur” über die kostenlose Mieterberatung im Stadtteilzentrum Obstallee 22 E (immer montags 15.30-18.30 Uhr) mit dem Vorgang befasst war:

Zwangsräumung abgesagt, Obdachlosigkeit verhindert, Lösung gefunden …
negativer Beigeschmack bleibt
 
„Auch wenn die Gewobag vorliegend schriftlich und telefonisch versucht hat, über ihre Mietschuldenberater Kontakt zu der betroffenen Familie aufzunehmen, und sogar schriftlich Ersatzwohnraum angeboten hat, hat sie vorliegend dennoch nicht alles ihr Zumutbare unternommen. Bei einer Familie mit Migrationshintergrund, bei der unter Umständen die Sprachkenntnisse nur unzureichend sind, müssen die Mietschuldenberater zwingend einen Hausbesuch vornehmen. Dieser hat nach unserem Kenntnisstand nicht stattgefunden. Damit ist das Verhalten der Gewobag unzureichend gewesen.
 
Der MieterInnenschutz ist ein Teil ihrer Aufgabe als landeseigene Wohnungsbaugesellschaft mit einem öffentlichen Wohnraumversorgungsauftrag. Ihr wurde vom Berliner Senat die Pflicht auferlegt, durch Informationen, Beratung, Mediation und ähnliche Maßnahmen gezielt darauf hinzuwirken, dass außerordentliche fristlose Kündigungen aufgrund von Mietrückständen, Räumungsklagen sowie Zwangsräumungen so weit wie möglich vermieden werden. Dieser Auftrag ergibt sich eindeutig aus der Kooperationsvereinbarung „Leistbare Mieten, Wohnungsneubau und soziale Wohnungsbaugesellschaften”.
 
Es ist im hiesigen Fall nicht zu erkennen, dass die Gewobag diesem Präventivauftrag im ausreichenden Maße nachgekommen ist.
 
Im Gegenteil: Es wurde nach relativ kurzer Zeit (Dezember 2021) wegen einem überschaubaren Zahlungsrückstand von nicht einmal 1,5 Monatsmieten (127,38 € 09/2021 + 1355,84 € 10/2021) die fristlose Kündigung ausgesprochen, zeitnah im Januar 2022 Räumungsklage erhoben und es sollte am Donnerstag die Zwangsräumung durchgeführt werden.
 
Es drängt sich der Verdacht auf, dass es der Gewobag nahezu darauf angekommen ist, die Mieter loszuwerden und sie damit den ihr übertragenen Auftrag torpediert hat, was nicht sein darf.
 
Wäre die Gewobag ihrem Präventivauftrag nachgekommen, hätte es bei einem Rückstand von knapp 1.500 € auf jeden Fall Möglichkeiten gegeben, die Zwangsräumung und damit die Obdachlosigkeit zu verhindern, so wie jetzt geschehen.
 
Es ist ein Unding, dass es bei nicht einmal 2 offenen Mieten zum Wohnungsverlust kommen sollte.
 
Sollte die Gewobag neben dem Zahlungsrückstand weitere Beweggründe gehabt haben, das Mietverhältnis beenden zu wollen, beispielsweise verhaltensbedingte Gründe der Mieter oder Nachbarschaftsstreitigkeiten mit anderen Mietparteien, wofür es begründete Anhaltspunkte gibt, so hätte sie die Mieter deshalb nicht nur – wie geschehen – abmahnen, d.h. ihnen ihr verbotswidriges Verhalten mitteilen und ihnen für den Wiederholungsfall die fristlose, hilfsweise fristgemäße Kündigung androhen, sondern tatsächlich die Kündigung aussprechen müssen. Keineswegs wäre es akzeptabel, sich hinter dem Zahlungsrückstand zu verstecken, um die wahren Gründe zu kaschieren. Ein derartiges Verhalten wäre einer landeseigenen Wohnungsgesellschaft unwürdig.
 
Es wird außerordentlich begrüßt, dass die Gewobag nunmehr die Zwangsräumung abgesagt und einen Lösungsvorschlag unterbreitet hat, so dass die Obdachlosigkeit einer 9-köpfigen Familie vermieden werden konnte. Hier hat die Gewobag im letzten Augenblick ein humanes Gesicht gezeigt.”
 

 

 

 

 

6 Antworten zu “Gewobag setzt Zwangsräumung aus!”

  1. Zum Kommentar von henibe:
    Dies ist geschehen! Die Familie hat verschiedene Beratungsangebote genutzt und schon vor Monaten versucht, die Zwangsräumung abzuwenden. Jedoch ohne Erfolg, denn die Gewobag stellte sich quer.
    Es ist zu begrüßen, dass die Gewobag nun doch im letzten Moment eingelenkt hat – leider wie des öfteren in unserem Stadtteil erst nach massivem öffentlichen Druck.
    Ich hoffe, dass sich in Zukunft endlich eine vertrauensvollere Zusammenarbeit ergibt!

  2. Man kann in so einer Situation als Mieter nicht monatelang den Kopf in den Sand stecken. Die Mieter müssen aktiv werden, vorher mit dem Jobcenter und der Wohnungsverwaltung sprechen!
    Wenn man schon so viele Jahre in Deutschland wohnt hatten die MIeter doch auch ausreichend Zeit um Deutsch zu lernen.
    Es gibt genug Hilfsangebote in so einer Situation, sogar von den Wohnungsverwaltungen.

  3. Sehr geehrte Frau Brune,

    zu Ihren zwei Fragen bzw. Einwänden:

    1. Warum kam es zu den Mietschulden, da die Miete doch vom Jobcenter bezahlt wird?

    Das Jobcenter Berlin Spandau hat nach Mitteilung der Gewobag „die Miete unregelmäßig gezahlt und unterzahlt“, teilweise hat es „auch Mietzahlungen ausgesetzt“.

    So kam es zu einem überschaubaren Zahlungsrückstand von nicht einmal 1,5 Monatsmieten (127,38 € 09/2021 + 1355,84 € 10/2021).

    2. Auch wird in dem o.g. Artikel u.a. geschrieben, das die Gewobag auch schriftlich Ersatzwohnraum angeboten hat, somit doch keine Obdachlosigkeit – oder?

    Es ist richtig, dass die Gewobag mit Schreiben vom 22.12.2021 Ersatzwohnraum angeboten hatte. Dieses Angebot hatte die Familie jedoch nicht verstanden.

    Aufgrund des Räumungsauftrags der Gewobag war ursprünglich für heute Morgen, 08:30 Uhr, die Zwangsräumung angesagt, die nunmehr nicht stattfindet.

    Ich hoffe, ich konnte Ihre Fragen zu Ihrer Zufriedenheit beantworten?

    Mit freundlichen Grüßen

    Marcel Eupen

  4. Auch interessant zu lesen:

    Berliner Zeitung am 04.05.2022: Zwangsräumung ausgesetzt – Neunköpfige Familie vor Obdachlosigkeit gerettet

    Mieter können in Wohnung der Gewobag bleiben. Vermieter verbindet Entscheidung damit, dass nachbarschaftliche Regeln eingehalten werden.

    Es ist eine Lösung in letzter Minute. Die für Donnerstag angesetzte Zwangsräumung der Wohnung einer neunköpfigen Familie in Staaken wegen Mietschulden ist abgewendet worden. Der Vermieter, die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft Gewobag, teilte am Mittwochabend mit, dass die geplante Räumung „vorerst“ ausgesetzt werde. Zuvor hatte es eine breite Unterstützung für die Familie gegeben. Das Bündnis Zwangsräumungen verhindern protestierte am Morgen in der Unternehmenszentrale der Gewobag gegen die Räumung. Auch die Abgeordneten Katrin Schmidberger (Grüne) und Niklas Schenker (Linke) hatten sich zuvor für die Familie starkgemacht.
    Mietschuldenberater machte keinen Hausbesuch

    Erledigt hat sich der Fall nach Ansicht des Alternativen Mieter- und Verbraucherschutzbundes (AMV) damit allerdings nicht. AMV-Chef Marcel Eupen kritisierte, dass die Gewobag nicht genug getan habe, um eine solche Situation von vornherein abzuwenden. „Auch wenn die Gewobag vorliegend schriftlich und telefonisch versucht hat, über ihre Mietschuldenberater Kontakt zu der betroffenen Familie aufzunehmen, und sogar schriftlich Ersatzwohnraum angeboten hat, hat sie dennoch nicht alles ihr Zumutbare unternommen“, so Eupen. „Bei einer Familie mit Migrationshintergrund, bei der unter Umständen die Sprachkenntnisse nur unzureichend sind, müssen die Mietschuldenberater zwingend einen Hausbesuch vornehmen.“ Dieser habe nach Kenntnis des AMV „nicht stattgefunden“. Damit sei das Verhalten der Gewobag unzureichend gewesen, so Eupen.

    Die neunköpfige Familie lebt seit 2017 in einer Sechszimmerwohnung der Gewobag in Staaken. Die Warmmiete beläuft sich auf 1355,84 Euro. Die Gewobag hatte der Familie gekündigt und dies mit einem Zahlungsrückstand begründet. Gewobag-Sprecherin Anne Grubert bezifferte die Rückstände auf „insgesamt 2089,05 Euro“. Wie es zu dem Rückstand kam, lässt sich nicht genau rekonstruieren. Klar ist: Die Miete wird normalerweise vom Jobcenter direkt an die Gewobag gezahlt. Offenbar gab es aber im Oktober vergangenen Jahres eine Ausnahme.
    Miete sei unregelmäßig und zu wenig gezahlt worden

    „Das Jobcenter sagt, es habe die Miete an uns überwiesen“, sagt Familienmutter Fatima B. „Aber das stimmt nicht. Der Betrag, den wir erhalten haben, kommt jedenfalls nicht hin.“ Gewobag-Sprecherin Anne Grubert sagt, dass das Jobcenter „die Miete unregelmäßig gezahlt und unterzahlt“ habe, teilweise habe es „auch Mietzahlungen ausgesetzt“. Grubert: „Dadurch kamen die Mietrückstände zustande.“ Die Gründe seien „beim Jobcenter zu erfragen“. Das wollte die Berliner Zeitung gern tun. Doch das Jobcenter verlangte vor einer Stellungnahme „eine ausgefüllte Vollmacht zur Datenfreigabe“ durch die betroffene Familie. Diese war bis Redaktionsschluss nicht zu erhalten.

    Die Gewobag erhob gegen die Familie nicht nur Vorwürfe wegen des Zahlungsrückstandes, sondern verwies zugleich auf „erhebliche Vertragsstörungen“. So seien die Mieter mehrfach wegen Verstoßes gegen die Hausordnung abgemahnt worden. Auch habe es von anderen Bewohnern Beschwerden gegeben. Die Familie weist die Vorwürfe zurück. Sie sieht sich als Opfer falscher Behauptungen aus der Nachbarschaft. Fatima B. zeigt sich zugleich offen für Gespräche. Sie habe kein Problem, sich für einen Neustart mit den Nachbarn zusammenzusetzen, sagt sie. „Mit mir kann man über alles reden.“

    Gespräche mit dem Versuch, zwischen den Mietern zu vermitteln, hat es offenbar nicht gegeben. Sozialarbeiter Tom Liebelt sagt: „Man kann Mieter kaum schneller kündigen, als es die Gewobag in diesem Fall getan hat.“ Hinter der Kündigung wegen Mietschulden stecke offenbar ein Nachbarschaftsstreit im Haus, der auf Kosten der Familie B. habe gelöst werden sollen. „Eine Mediation hat es leider nicht gegeben“, so Liebelt. „Wir haben versucht zu schlichten, doch ist uns das nicht gelungen.“
    Kritik vom Mieterberater: Zwei offene Miete führen zu Wohnungsverlust

    Was den Fall politisch brisant macht: Eigentlich sollen die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften Kündigungen vermeiden – durch Informationen, Beratung, Mediation und ähnliche Maßnahmen. Dieser Auftrag ergebe sich aus der Kooperationsvereinbarung „Leistbare Mieten, Wohnungsneubau und soziale Wohnungsbaugesellschaften“, auf die sich die Unternehmen mit dem Senat verständigt haben, so AMV-Chef Eupen. Es sei im vorliegenden Fall „nicht zu erkennen, dass die Gewobag diesem Präventivauftrag im ausreichenden Maße nachgekommen ist“. Es sei „ein Unding, dass es bei nicht einmal zwei offenen Mieten zum Wohnungsverlust kommen sollte“.

    Die Gewobag sagte am Mittwochabend Hilfe zu. „Wir werden die Familie auch weiterhin mit unseren Angeboten und entsprechend unserer Möglichkeiten unterstützen“, so eine Unternehmenssprecherin. Dabei werde es aber auch an der Familie liegen, „entsprechend zu handeln und sich im Sinne eines nachbarschaftlichen Zusammenlebens an geltende Regeln und Gesetze zu halten und so ihren Beitrag zur Lebensqualität aller MitmieterInnen zu leisten“.

    https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/zwangsraeumung-ausgesetzt-neunkoepfige-familie-vor-obdachlosigkeit-gerettet-li.225982

  5. Was leider nicht aus dem Artikel zu lesen ist: Warum kam es zu den Mietschulden, da die Miete doch vom Jobcenter bezahlt wird? Auch wird in dem o.g. Artikel u.a. geschrieben, das die Gewobag auch schriftlich Ersatzwohnraum angeboten hat, somit doch keine Obdachlosigkeit – oder?

  6. Na ja, wie sehen es die Mieter aus der Nachbarschaft?
    Eigentlich scheint es ja beinahe so, dass der Schutz vor Obdachlosigkeit dem Vermieter die Hände auf den Rücken bindet. Wenn aber es wirklich so ist, dass Fehler im Verfahren geschehen sind, dann soll es wohl auch alles richtig sein.

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