Seniorenvertretung: Wahl mit Hürden?

Seit dem Berliner Seniorenmitwirkungsgesetz von 2006 werden alle fünf Jahre die Mitglieder der Seniorenvertretung im Bezirk neu gewählt. Mitte März ist es wieder soweit. Die Liste der Bewerber:innen  für die Seniorenwahl 2022 steht – darunter zwei Kandidatinnen aus “unserer” Großwohnsiedlung an Heerstraße und Magistratsweg. Die Wahlbenachrichtigungen sind an die Ü60-Klientel im Bezirk raus. Aber eine hohe Wahlbeteiligung scheint wohl eher nicht gewünscht zu sein!?

Bei den letzten Wahlen im Jahr 2017,  zu dem Gremium der Einbindung und Mitwirkung von Senior:innen am politischen Geschehen im Bezirk, wurde nur knapp die 5% Hürde der Wahlbeteiligung überschritten.

Ob es in diesem Jahr mehr werden ist fraglich, angesichts der Hürden die zu nehmen sind um das Wahlrecht auch in Anspruch zu nehmen:

Wer steht zur Wahl – Wer kennt die 14 Kandidat:innen?
 Zwei Bewerberinnen aus unserem Stadtteil sind dabei – Sieghild Brune und Christa Kiel-Wandersleben – die hier vor Ort gut bekannt sind und schon eine Menge an Gremienerfahrung mitbringen, als aktiv Mitwirkende im Quartiersrat der Großwohnsiedlung und Engagierte in der Adler-Mieterinitiative bzw, im Mieterbeirat der Gewobag. Darüberhinaus sind beide aktiv für Menschen in den Nachbarschaften, wie Sieghild in der Initiative Bunt und Sauber, die im letzten Jahr mehrere Sperrmülltage im Kiez organisiert hat oder, wie Christa, die so gut wie jeden Mittwochnachmittag im Sprachcafé für neu Zugewanderte verbringt … 

Aber wer weiß von deren Qualitäten außerhalb des Heerstraßen-Kiezes? Und was ist mit den zwölf anderen zur Wahl stehenden Vertreter:innen der Spandauer Seniorenschaft? Zum Kennenlernen gibt es vorher noch je einen Termine für zwei Stunden, in den drei Seniorenklubs: in Hakenfelde, am Lindenufer sowie am Südpark  – vorausgesetzt die Pandemie lässt es auch zu.

Es gibt eine Broschüre zur Vorstellung der Kandidat:innen sowie Videos, die man aber nur im Netz via www.berlin.de/ba-spandau/politik-und-verwaltung/aemter/amt-fuer-soziales/artikel.1112277.php anschauen kann.
Videos, die übrigens “bei uns” im Kulturzentrum Staaken gedreht wurden.
zum download: die Broschüre Seniorenvertretungswahl 2022 mit allen Kandidat:innen

• Wo bitte geht’s zur Wahl?
Wahllokale gibt es ganze sechs in dem doch flächenmäßig großen Bezirk Spandau. Jedes davon hat an nur einem der fünf Wahltage vom 14. bis 18. März jeweils ein Zeitfenster von ein paar Stunden geöffnet. Zu den o.g. Seniorenklubs in der Altstadt, in Hakenfelde und der Wilhelmstadt, kommen noch Wahllokale im Falkenhagener Feld, in Haselhorst und in Kladow.

Staaken, nach Einwohnern Spandaus größter Ortsteil und damit auch die Großwohnsiedlung beiderseits von Heerstraße und Magistratsweg geht aber leer aus! Dabei hätten die Verantwortlichen für die Wahl 2022 zur Seniorenvertretung doch schon mit der Anfrage beim Kulturzentrum bzgl. Produktion, Schnitt und Bereitstellung der Videos auch gleich danach fragen können, ob man dort in der Sandstraße 41 nicht auch Zeitfensterchen freimachen könnte, für Kandidatenvorstellung und Wahl. Ein Ort der mit den Kursen “Zeitlos” für Senioren und den Angeboten von BGFF für die Community 50+ sehr wohl bei allen Älteren bekannt und angenommen ist. 

Natürlich geht auch Briefwahl! Aber dafür muss man einen Wahlschein beantragen und diesen in einem frankierten Umschlag per Post an das Berliner IT-Dienstleistungszentrum schicken. Per Fax geht auch – aber wer hat noch Fax? Und die Emailadresse an die man den eingescannten unterschriebenen Wahlscheinantrag schicken kann, hat zumindest noch Anfang der Woche nicht funktioniert.

Niedrigschwellig jedenfalls geht anders!

Aber trotz alledem, die dringende Empfehlung an alle Ü60 in Staaken: Stimme abgeben ist besser als Stimme verlieren. Machen Sie ihr Kreuzchen für eine der Vertreterinnen aus unserem Kiez.

Übrigens: Man könnte fast meinen für die Zuständigen aus dem Bezirk, ist die Großwohnsiedlung Heerstraße-Nord ein No-Go-Area. Denn schon bei den vorgestern veröffentlichten Standorten zur Ausgabe von kostenlosen FFP2-Masken an Menschen mit geringem Einkommen, ist das Quartier zwischen Egelpfuhlgraben und Hahneberg bzw. Staakener Feldern und dem Grün am Langen Becken und den Kleingärten der Hasenheide unberücksichtigt geblieben. 

Macht ja nix, in Heerstraße Nord wohnen ja – bis auf die kleine Minderheit der rund 46% die Transfereinkommen beziehen – nur Besserverdienende, oder?

 

 

2 Antworten zu “Seniorenvertretung: Wahl mit Hürden?”

  1. Danke Thomas Streicher für diesen guten Artikel. Und Eckart Keller hat Recht.
    Als “Betroffener” habe ich Herrn Kempert eine Mail gesandt:

    16.1.2022
    Sehr geehrter Herr Stadtrat Kempert,
    vor wenigen Tagen habe ich die Wahlbenachrichtigung zur Seniorenvertretung erhalten.
    Dazu möchte ich Ihnen folgende Anmerkungen übersenden:
    In den vergangenen Jahren wurde immer wieder über die geringe Wahlbeteiligung geklagt. Das hat auch Gründe.
    Als “Betroffener in Spandau” gibt es nicht nur bei mir, sondern auch bei vielen anderen Empfängern, einige Verwirrung über die Unübersichtlichkeit der Unterlagen. Das hat unter anderem dazu geführt, das einige Wahlberechtigte die Unterlagen beim Erhalt gleich in den Papierkorb geworfen haben
    Und wer doch erst noch gelesen hat, erfährt zum Schluss des Anschreibens den Hinweis, dass die Beantragung der Briefwahl mit einem selbstfrankierten Briefumschlag erfolgen muss. Ist das auch bei anderen Wahlen so?
    Ebenfalls unklar ist, wie die Vorstellungsrunden der Kandidatinnen und Kandidaten vom Termin und den Örtlichkeiten festgelegt wurden. Große Quartiere, wie z.B. das Falkenhagener Feld oder die Heerstraße, sind gar nicht vorgesehen. Hier gibt es aber einen großen Anteil von Wahlberechtigten und sogar einige Bewerber/Bewerberinnen. Und auch Wahllokale gibt es dort nicht.
    Im Endeffekt werden viele Seniorinnen und Senioren nicht an der Wahl teilnehmen bzw. teilnehmen können.
    Nach meiner Auffassung ist im Vorfeld der Wahlen viel zu wenig Werbung für eine ehrenamtliche Beteiligung am Ablauf, auch nicht für eine Kandidatur, gemacht worden. Oder sind vielleicht doch alle im sozialen Bereich tätigen Institutionen und Verbände vorher umfassend informiert worden?
    Und die Begründung, dass man doch im Internet alle Informationen findet, kann doch nicht ernsthaft gemeint sein. Verstehen sie meine Kritik bitte auch so, dass ich mich gerne für eine ehrenamtliche Beteiligung zur Verfügung gestellt hätte.
    Aber keine Angst, ich werde wählen gehen und mir mit einem Routenplaner das beste Wahllokal suchen.
    Mit freundlichen Grüßen
    Hans-Jürgen Wanke

  2. Die Beurteilung dieser Spandauer Wahlvorbereitung für die Seniorenvertreter ähnelt auch meiner Einschätzung.
    Vor einigen Tagen erhielten meine Frau und ich bereits die “amtlichen” Briefe für die genannte Wahl. Schon das Lesen fiel schwer, nicht etwa wegen der Augen, sondern vielmehr wegen des Schreibstils. Viel Information möglichst dicht verpackt, so dass der Inhalt auch nach dem 3. Lesen noch unklar war. Auch mir stellte sich sofort die Frage, wer sind die Leute, die sich wählen lassen wollen? Und warum soll ich diese weiten Wege zur Informationsgewinnung überhaupt antreten?
    Fazit: Unsere Briefe liegen auf “Wiedervorlage” bis uns die Erleuchtung kommt.
    An dieser Stelle stellt sich mir die Frage, liest denn niemand mehr die ausgehende Post vor Abgang? Da fällt mir auch spontan die Einladung zur Veranstaltung des Runden Tisches, unterzeichnet von unserer neuen Bürgermeisterin, ein. Die dort vorhandenen Fehler sollten eigentlich sofort auffallen, denn die Amtssprache ist immer noch Deutsch.

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