Theater Inklusiv und der Kleine Prinz

Seltsame Welten tiefgründige Wahrheiten

Man sieht nur mit dem Herzen gut! Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar. Dieses Geheimnis vom schlauen Fuchs aus Der Kleine Prinz von Antoine de Saint Exupéry steht auch als Resümee der Erfahrungen aus dem gemeinsamen Projekt Theater Inklusiv, so Lothar Bärsch, der Verantwortliche für Organisation, Inszenierung und Regie, vor der 2. Vorstellung des Theaterstückes am 4. Februar in der Zuversichtskirche.

Im vergangenen Frühjahr hatte Holger Gockel als Leiter der Johanniter Betreuungsgruppe für Menschen mit Behinderung die Initiative ergriffen für ein Kooperationsprojekt mit jungen Menschen seiner Gruppe und mit dem schon in so manchen Theaterprojekten mit Kindern und Jugendlichen erfahrenen Diakon Lothar Bärsch und “seinen” Jungs und Mädchen aus der Ev. Kirchengemeinde zu Staaken.

Von Holger Gockel stammt auch die Idee, dass gerade der kindlich naive kritische Blick des kleinen Prinzen auf Geldgier, Machtgehabe, Obrigkeitsdenken und äußerliche Eitelkeiten der Erwachsenenwelt und die Suche nach den versteckten Wahrheiten und Stärken, nach Freundschaft und Liebe der ideale Stoff für das erste Stück von Theater Inklusiv in Staaken wäre, an dessen Realisierung er leider aus Krankheitsgründen nicht mehr mitarbeiten konnte.

Seitdem haben sich gut 30, bis auf eine Ausnahme, jugendliche Schauspiel- und Tanzakteure, zusammen mit erwachsenen Unterstützern und Betreuern, intensiv mit der zum Klassiker gewordenen Geschichte Der Kleine Prinz, des im Jahr 1900 geborenen und 1944 Jahren bei einem Aufklärungsflug verschollenen Piloten Antoine de Saint Exupéry beschäftigt. 

Bei der Premiere am 28. Januar im rappelvollen Kirchensaal und bei der gut besuchten Zweitvorstellung konnten sie alle so manchen zustimmenden Lacher in der einen oder anderen skurrilen Szene und vor allem ihren wohlverdienten Applaus für die tolle Arbeit in Schauspiel, Tanz und Bühnenbild abholen.

Eigentlich müsste man über den Kleinen Prinz nicht mehr viel erzählen, denn mit weltweit 80 Millionen gedruckten Exemplaren in 110 Sprachen und mit diversen Comic-, Film-, Theater-, Musical- und Opernfassungen gehört das Werk zu den Top 20 der Weltgeschichten. 

Und doch musste Lothar Bärsch, auf der Grundlage der Originalübersetzung von 1950, eine spezielle Textvorlage für das Projekt  Theater Inklusiv schaffen in dem auch alle Stationen und Charaktere der Reise des Titelhelden auftauchen: Von seinem Asteroiden B612, über sechs Kleinstplaneten mit jeweils nur einem einzigen verschrobenen Bürger, bis auf die Erde, mit nicht minder seltsamen Begegnungen. In der Wüste,mit Schlange, Fuchs und dreiblättriger Blume, mit dem Echo im steilen Gebirge, mit einem Händler und dem weichenstellenden Bahnwärter und natürlich mit Antoine, dem notgelandeten Piloten und Erzähler im Stück.

Alleine für diesen doppelten Antoine, für Sara Brinkmann als Erzählerin und Annalena Siewert als Pilot(in) wurde jeweils eine eigen Bühnenebene geschaffen, bei der erstere über allem Bühnengeschehen stand und quasi von der Kanzel herab ihre Erklärungen, Ein- und Überleitungen gab.

Direkt dahinter die Bühnenebene mit der notgelandeten Flugmaschine, für Antoine(tte) und ihre Begegnungen mit dem kleinen Prinzen (Anna Starkowski).

Auf der gegenüberliegenden Seite die kleine sternenbehangene Bühne für den Trip durchs All zu den sechs Asteroiden und Mini-Planeten, wo der Prinz jeweils auf einen merkwürdigen Bewohner trifft. Auf den herrschsüchtigen König, die einsame Eitle, den eingebildeten sternreichen Geschäftsmann, den Trinker, der säuft um die Scham zu vergessen weil er Alkoholiker ist und auf den beiden letzten Stationen im Weltraum trifft er zuerst, auf dem kleinsten Asteroiden den pflichtbewussten und fleißigen Laternenanzünder und dann auf den Geografen, in dessen Lehrbuch jedoch die wesentlichen Dinge fehlen.

Und im Zentrum des “Bühnenraumes” der Podest für all die Begegnungen auf der Erde, für die ernsten Gespräche mit Fuchs und Schlange aber auch für die Erkenntnis des kleinen Prinzen im Gespräch mit der selbstgefälligen Rose auf seinem Planeten: Man darf Blumen nicht zuhören, man sollte sie nur anschauen und einatmen

Auf der Leinwand im Hintergrund wurden mit Animationen oder Fotos Themen und Inhalte unterstrichen oder angezeigt ob man sich gerade im Gebirge, im Rosengarten oder vor dem Brunnen … befindet. Davor und dazwischen Platz für die junge Gruppe Little X, die unter der Leitung von Saskia Kapelke und Erika Stengler zwischen den Szenenbrüchen des Einakters mit Tanzeinlagen überbrückte.

 Insgesamt eine sehr kluge wie einfache Lösung für eine tolle Inszenierung des anspruchsvollen Stückes mit seinen ganz unterschiedlichen Erzähl-, Aktions- und Geschichtsebenen, die den mit viel Spielfreude agierenden jungen Akteuren einen perfekten Rahmen gab. 

An Bühnenbild, Kostümen, Requisiten und Kulissen haben neben dem Ensemble noch viele ehrenamtlich mitgewirkt, wie aus der Ansprache und dem kleinen Programmflyer zu erfahren war. Dort nicht erwähnt aber mit am Entwickeln und Bauen beteiligt waren auch junge Männer und Frauen von den JuMiLotsen von Staakkato und Gemeinwesenverein, die übrigens auch einen echten VIP und Weltmeister plus Familie zu der Aufführung  in die Zuversichtskirche am Brunsbütteler Damm “lotsten”. 

Besonders erfreulich, neben der unterhaltsamen und kurzweiligen Vorstellung sowie den liebevoll von Helfer*innen vorbereiteten Getränken, Kuchen und Häppchen, war die Ankündigung von Lothar Bärsch, dass er schon Ideen hat, wie in unserem Stadtteil das Projekt Theater Inklusiv nach der Geschichte vom kleinen Prinz und dem Flieger kein “Eintagsflieger” bleiben wird.

Wir sind gespannt!

 

 

Hier startet die Geschichte: “Nicht größer als ein Haus …”, der Heimatplanet B612 des Prinzen – liebevoll ausgeschmückt mit Affenbrotbäumen, erloschenem und aktiven Vulkanen und der selbstgefälligen Rose

 

Davor Ansprache von Ottmar Christof (im Stück der melancholische Säufer) für die Akteure, Helfer und Begleiter der Johanniter Betreuungsgruppe

 

Mit Überblick, die erzählende Stimme aus dem Off – Antoine(ette) No 1

 

… und, noch schlafend vor der notgelandeten Maschine Antoine(ette) No 2

 

Der kleine Prinz und der Flieger – erstes Treffen, erster Tag, erste Unterhaltung

 

Rebecca Holz als die schöne Rose auf B612, “die nie aufhört sich auf ihre Schönheit vorzubereiten”  

 

Tanz mit X von den LittleX

 

Alleinherrscher über seinen Planeten ohne auch nur einen Untertan, Magnus Fenske als einsamer König

 

Kleiner Prinz zu Besuch bei der Eitlen (Melanie Kerner), mit ihrem Hut zum Grüßen wenn man ihr bewundernd zujauchzt – nur “leider kommt auf ihrem Planeten nie einer vorbei”

 

Er beschäftigt sich nicht mit Kindereien: der Geschäftsmann (Robin Barnekow) zählt unentwegt seinen Reichtum an Sternen, an denen außer ihm niemand einen Besitz erheben möchte.

 

“Die Weisung ist die Weisung” – auch wenn der Planet so klein ist, dass im Minutentakt von Tag auf Nacht gewechselt wird, erfüllt der Laternenanzünder (Niklas Broschel) pflichtbewusst sein Amt

 

Der kleine Prinz auf dem Planeten des gelehrten Geografen (Katharina Walther), “der zu wichtig ist, um herumzustreunen” und deshalb nichts Wesentliches weiß

 

Auf der Erde, erste Begegnung mit der klugen Schlange (Nils Allen), die weiß, dass es wie in der Wüste auch unter den Menschen sehr einsam sein kann.

 

“Wo sind die Menschen” fragt der Prinz. “Der Wind verweht sie, es fehlen ihnen die Wurzeln”, antwortet die dreiblütenblättrige Blume (Olivia Arnold)

 

Die wundersame Begegnung auf Bergeshöhen mit dem alles wiederholenden Echo (Ferike Treder)

 

Vom Schlaufuchs (Magnus Fenske) erfährt der kleine Prinz viel über das sich näher kommen und vertraut werden, über Zuneigung und Freundschaft

 

“Man ist nie zufrieden dort, wo man ist” meint der weichenstellende und die Reisenden abfertigende Bahnwärter (Benjamin Raasch)

 

Mit Regisseur und Soufleuse(Lothar u. Angelika Bärsch) alle Akteure von Tanz und Schauspiel – auch die, die wie Jan Brinkmann als Händler und Ottmar Christof als Trinker nicht mit ihren Szenen in Bild erfasst wurden.

 

 

 

 

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